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Schluss mit der Profilierungssucht auf Kosten unserer bewährten Neutralität

Referat von Dr. Stephan Rietiker, Präsident Pro Schweiz, Mitglied des Initiativ-Komitees «Wahrung der schweizerischen Neutralität»

Sehr geehrte Damen und Herren der Medien

Ich freue mich, Sie zur Medienkonferenz der Vereinigung Pro Schweiz begrüssen zu dürfen. Das Thema, zu dem wir heute Stellung nehmen werden, ist zurzeit aktuell wie kein anderes: Es geht um unsere Neutralität sowie die Versuche, diese angesichts des Ukraine-Krieges auszuhöhlen und aufzuweichen.

Und damit eines von Anfang klar ist: Pro Schweiz verurteilt den Angriff auf die Ukraine wie jeden Krieg auf das Schärfste. Krieg kann und darf nie ein Mittel sein, um Probleme zu lösen.

Und damit sind wir auch schon beim Kern des Problems: Welche Rolle kann ein neutrales Land angesichts eines verheerenden Krieges einnehmen?

Pro Schweiz ist DIE Organisation zur Wahrung und Verteidigung der Schweizer Neutralität.
Die Bedeutung von Pro Schweiz und der Schweizer Neutralität zeigt sich an der Grösse unserer Mitgliederzahl: Mittlerweile dürfen wir über 25‘000 Mitglieder zu unseren Unterstützern zählen und erhalten angesichts der aktuellen Neutralitätsdiskussion täglich neue Anmeldungen.

Pro Schweiz gehört auch zu den zentralen Unterstützern der Neutralitätsinitiative. Diese Initiative, die wie kaum eine andere genau zur richtigen Zeit lanciert wurde, will unsere bewährte Schweizer Neutralität genauer definieren und damit verhindern, dass unser Land, getrieben von kurzfristig denkenden und profilierungssüchtigen Politikerinnen und Politikern, zur Kriegspartei gemacht und damit unsere Sicherheit und unsere Freiheit gefährdet wird.

Geschätzte Damen und Herren, eines ist doch uns allen klar: Die integrale Schweizer Neutralität
hat unserem Land und damit unserer Bevölkerung Frieden, Freiheit und Sicherheit gesichert. Selbst angesichts der Bedrohung durch den Nationalsozialismus ist unser Land standhaft neutral geblieben und konnte als eines der wenigen Länder in Europa die Fahne der Freiheit hochhalten. Eine wichtige Rolle, die kein anderer als der ehemalige britische Premierminister Winston Churchill klar und deutlich gewürdigt hat.

Die Schweizer Neutralität hat aber nicht nur die Schweiz und ihre Bevölkerung geschützt, sondern auch unser Land über Jahrzehnte hinweg zu einem weltweit geschätzten und geachteten Ort der «guten Dienste», der Friedensvermittlung gemacht.

So hält das Aussendepartement dazu fest: «Die Schweiz ist eine international anerkannte und gefragte Partnerin in der Mediation von Friedensverhandlungen und in der Unterstützung von Mediations-
und Friedensprozessen. In den vergangenen Jahren begleitete sie in mehr als 20 Ländern über
30 Friedensprozesse. Vermehrt stellt die Schweiz auch internationalen Organisationen wie der UNO oder der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa OSZE Expertinnen und Experten zur Verfügung, die im Auftrag der Organisationin Konflikten vermitteln.»

Die spezielle Rolle der Schweiz zeigt sich auch in Genf als zweitem Sitz der Vereinten Nationen: In
der Schweiz können sich die Nationen, auch verfeindete Nationen, treffen, um zu verhandeln und, falls möglich, Frieden zu schaffen, das ist heute wichtiger denn je! Wo soll denn Frieden geschaffen werden, wenn nicht in der Schweiz oder mit der Schweiz als glaubwürdige Vermittlerin?
Und ebenso ist die Schweiz Sitz des IKRKs und somit der humanitären Tradition verpflichtet. Auch diese immens wichtige Rolle, die menschliches Leid lindert und verhindert, lässt sich am besten als neutraler Staat wahrnehmen und nicht als Land, das durch die Übernahme von Sanktionen als Kriegspartei angesehen wird.

Doch um glaubwürdig zu sein, darf die Schweiz nicht Partei sein, sondern muss neutral sein! Das ist eine conditio sine qua non! Und für jedes Kind verständlich!

Die aktuelle Kriegssituation zeigt, wie wichtig Neutralität, aber auch wie anfällig sie geworden ist, weil ihre Bedeutung und ihre Rolle kaum mehr erkannt werden. So hat der Bundesrat in seiner Auslands- hörigkeit, die wir schon aus den Verhandlungen mit der EU kennen, zu Beginn des Krieges vorschnell dem ausländischen Druck nachgegeben und Sanktionen übernommen. Ein unerhörter Vorgang, über den sich, Sie mögen sich erinnern, die ganze Welt gewundert hat!

Diese «Anschluss-Politik» unseres Bundesrates hat dem Bundesrat kurzfristig etwas internationalen Applaus gebracht, unser Land – und das ist verheerend – als neutrales Land unglaubwürdig und zur Partei gemacht.

Die Folgen kennen Sie: Russland sieht die Schweiz nicht mehr als neutralen Staat an.Statt aus der Schweiz kommen jetzt Friedenskonzepte aus der Türkei, Brasilien oder China!

Dabei wäre es die originäre Rolle der Schweiz, als neutrale Vermittlerin aufzutreten. Denn eines muss uns allen auch klar sein: Frieden wird es nur am Verhandlungstisch geben! Und dazu braucht es eine glaubhafte Vermittlerin, die die Kriegsparteien zusammenbringt und den Verhandlungstisch zur Verfügung stellt.

Pro Schweiz wird alles daransetzen, dass sich die Schweiz wieder auf ihre Rolle und Aufgabe als glaub- haft neutraler Staat besinnt und entsprechend aktiv wird. Dazu stellen wir folgende Forderungen auf:

  1. Die Schweiz darf sich keinerlei Sanktionen anschliessen, da sie dies zur Kriegspartei und damit als Vermittlerin unglaubwürdig macht. Selbstverständlich muss die Schweiz aber Mittel ergreifen, dass sie nicht zu einem Land wird, in dem Sanktionen umgangen werden.
  2. Die Schweiz darf wie bis anhin keinerlei direkte und indirekte Munitions- und Waffen- lieferungen in Kriegsgebiete und an Kriegsparteien zulassen – auch nicht rückwirkend, was juristisch unhaltbar ist und von der Verluderung im Denken unserer politischen Vertreter zeugt.
  3. Das geltende Kriegsmaterialgesetz darf nicht im Profilierungstaumel kurzsichtig aufgeweicht werden. Pro Schweiz wird allein oder mit Partnern jede Aufweichung mit Referenden bekämpfen.
  4. Die Schweiz muss wieder aktiv ihre international einzigartige Rolle als Vermittlerin und Anbieterin von guten Diensten wahrnehmen und sich auf die Vorbereitung von Friedensverhandlungen, humanitären Hilfen und die Planung der Nachkriegsordnung konzentrieren.

Die aktuellen Zahlen – Sie kennen unter anderem die Umfrage im «SonntagsBlick» vom 19. Februar dieses Jahres – zeigen, dass die Neutralität und damit auch die Aufgabe von Pro Schweiz in der gesamten Bevölkerung, vor allem aber bei den Jüngeren, die noch eine Zukunft vor sich haben, immens wichtig ist und grosse Unterstützung geniesst.

Unsere Forderungen sind also nicht die Forderungen eines «Kleingärtnervereins», sondern werden von grossen Teilen der Bevölkerung unterstützt.

Welche Massnahmen Pro Schweiz konkret ergreifen wird, um die Schweizer Neutralität zu sichern und wiederherstellen zu wollen, werde ich Ihnen am Schluss mitteilen.

Jetzt übergebe ich das Wort an Nationalrat Walter Wobmann, Vizepräsident von Pro Schweiz, der Sie über die aktuellen Irrungen und Wirrungen im eidgenössischen Parlament betreffend die Schweizer Neutralität informiert.